Wer sich als Kind nicht gesehen fühlte, trägt diesen Schmerz bis heute in sich. Auch wenn wir inzwischen vielleicht 35, 48 oder 57 Jahre alt sind. Vielleicht haben die Eltern damals viel gearbeitet und wir waren als Kind oft allein. Selbst wenn die Eltern zu Hause waren, waren sie so erschöpft und müde, dass sie keine Zeit für das Kind hatten. Es hat niemand mit dem Kind gespielt oder ihm wirklich zugehört. Das heißt, das Kind hast sich oft allein und nicht gesehen gefühlt.
Verlassen sein und Isolation: Die Folgen des Nicht-gesehen-werden
Vielleicht waren die Eltern zwar anwesend, konnten sich aber trotzdem nicht um das Kind kümmern. Im schlimmsten Fall wurde dem Kind vermittelt, dass es eine Last ist, dass es nervt und dass es in sein Zimmer gehen oder verschwinden soll. Auch solche Situationen tragen dazu bei, dass sich ein Kind nicht wahrgenommen fühlt.
Mit diesem Gefühl, nicht gesehen zu werden, geht auch das Gefühl einher, isoliert zu sein und nicht dazuzugehören.
Innere Reaktionen auf fehlende Aufmerksamkeit der Eltern
Kinder beziehen alles auf sich
Als Kind können wir nicht erkennen, dass das Verhalten unserer Bezugspersonen nichts mit uns persönlich zu tun hat, sondern dass sie vielleicht selbst mit der Situation überfordert waren, Angst hatten oder sich Sorgen machten. Als Kind beziehen wir alles auf uns. Wenn unsere Bezugspersonen, also unsere Eltern, sich nicht um uns gekümmert haben, konnten wir uns das als Kind nur so erklären, dass wir einfach nicht gut genug sind.
Denn tief in uns drin war und ist es oft noch heute, dass Eltern ihre Kinder lieben und wenn sie das Kind nicht lieben, ergo, nicht beachten, ins Zimmer schicken, dann kann doch nur etwas mit dem Kind, also mit mir, nicht stimmen.
Die unbewusste Suche nach Anerkennung: Perfektion als Ausweg
So denken wir als Kinder und suchen instinktiv nach Lösungen. Und was kann eine gute Lösung sein, wenn ich das Gefühl habe, dass ich selbst nicht gut genug bin? Genau, ich muss besser werden. Ich muss gut genug werden. Und das geht am besten, wenn ich so perfekt wie möglich werde.
Dieses „gut genug sein“ kann sehr viele Nuancen und Facetten haben. So kann ein Kind besonders ruhig, brav und lieb sein und möglichst keine Wünsche und Bedürfnisse äußern. Wenn es besonders pflegeleicht ist, fällt es nicht zur Last, nervt nicht und bekommt vielleicht endlich die Aufmerksamkeit, die es sich so sehr wünscht und wird gesehen.
Ein anderes Kind versucht, mit herausragenden Leistungen zu punkten, die Eltern wo immer es geht zu unterstützen, viel Verantwortung zu übernehmen und nach außen hin möglichst gut zu funktionieren.
Aber wie auch immer diese Bewältigungsstrategie aussieht, das unbewusste Ziel ist immer, genau darin möglichst perfekt zu werden, um endlich gesehen zu werden.
Herausforderung des Perfektionismus: Fehlervermeidung und Ängste
Zum Perfektionismus gehört auch, keine Fehler zu machen. Denn Fehler zu machen bedeutet für ein solches Kind, bestraft zu werden, also wieder keine positive Aufmerksamkeit zu bekommen. So kann sich eine regelrechte Angst vor Fehlern entwickeln. Ein Leben ohne Fehler ist aber nicht möglich, denn Fehler gehören zum Lern- und Lebensprozess dazu. Ohne Fehler gibt es keine Entwicklung.
Um aber diese Angst vor der eigenen Unzulänglichkeit und vor möglichen Fehlern zu kompensieren, macht das innere System vieler Menschen folgendes – es entwickelt einen sehr, sehr hohen Perfektionsanspruch an sich selbst.
Der Teufelskreis des übersteigerten Perfektionismus
Letztlich ist Perfektionismus also ein unbewusster innerer Kampf gegen das Gefühl, nichts wert zu sein. Nicht gut genug zu sein.
Bin ich gut genug?
Nicht gut genug zu sein für was auch immer.
Nicht gut genug zu sein für diesen Job und deshalb arbeitet man bis zum Burnout.
Nicht gut genug zu sein für diese Beziehung. Und deshalb tut man alles, was der Partner oder die Partnerin will, um zu beweisen, dass man doch gut genug ist.
Dieses Verhalten ist auch ein häufiges Muster in narzisstischen Beziehungen. Auf der einen Seite die narzisstische Person, die ohnehin tief im Inneren das Gefühl hat, nichts wert zu sein, und deshalb versucht, durch eine Fassade von Grandiosität und Arroganz, durch Perfektion zu beweisen, dass sie doch gut genug ist. Aber auch ein empathischer Partner der narzisstischen Person, der ein hohes Perfektionsstreben hat und unbewusst beweisen will, dass er doch der perfekte Partner ist und die narzisstische Person das nur endlich einsehen muss. Dafür werden Abwertungen, Beleidigungen, Manipulationen, Schweigen und im schlimmsten Fall auch Gewalt ertragen. Alles nur, um das Gefühl und den Schmerz, nicht gut genug zu sein, nicht spüren zu müssen.
Die Bedeutung gesunder Grenzen und Akzeptanz
Das Dilemma besteht darin, dass die innere Stimme des Perfektionismus nie verstummt und uns jeden Tag aufs Neue sagt, dass es nie genug ist. Das Pausen oder Nachlässigkeiten absolut inakzeptabel sind, bis der Perfektionismus zum Zwang wird. Dann schrauben wir die Erwartungen an uns selbst immer höher und wenn die Ziele so hoch gesteckt sind, gibt es keinen Platz mehr für Schwächen oder Bedürfnisse. Schon gar nicht für unsere eigenen Bedürfnisse.
Gesellschaftlicher Druck und Auswirkungen in der Arbeitswelt
Unsere leistungsorientierte Gesellschaft unterstützt das Ganze, indem sie den Menschen in den Konzernen immer höhere Umsatzziele vorgibt, immer mehr Anreize wie Boni bei Erreichen der Umsatzhöhe X gibt und dieses System Menschen mit Perfektionismuszwang sehr gut ausnutzt. Die Folgen sind häufig Burnout, Herzinfarkt, Schlaganfall etc.
Schritte zur Veränderung: Den Perfektionismus überwinden
Um wirklich langfristig sein Verhalten zu ändern und gelassen mit Fehlern umzugehen, ist es natürlich ein längerer Prozess. Denn Verhaltensmuster und innere Abwehrstrategien, die wir seit Jahrzehnten in uns tragen, können wir nicht einfach ablegen, nur weil wir heute plötzlich merken, dass es uns schadet, so weiterzumachen. Diesen Prozess durchlaufe ich mit meinen Premium 1:1 Kunden und wenn du Interesse hast, dann melde dich doch einfach bei mir für eine Kennenlernsession: https://danielakreissig.de/kennlern-session/
Reflexionsfragen: Ein erster Schritt zur Veränderung
Einen ersten Schritt kann ich dir aber heute schon mitgeben, indem ich dir einige Reflexionsfragen gebe. Bei diesen Reflexionsfragen geht es darum, dass du dich wirklich in Ruhe mit diesen Fragen auseinandersetzt, dass du dir Zeit nimmst für dich, an einem ruhigen Ort, wo du genügend Zeit hast, diese Fragen für dich zu beantworten.
Ich lade dich gern ein, das regelmäßig und immer wieder zu tun, denn je öfter du dich mit diesen Fragen auseinandersetzt, desto besser lernst du dich selbst und deine unbewussten Verhaltensmuster kennen.
Die ersten Reflexionsfragen können lauten:
Für welche Menschen in deinem Umfeld versuchst du, perfekt zu sein?
Wessen unausgesprochene Erwartungen versuchst du unbewusst ständig zu erfüllen? Oder – etwas anders formuliert – bei welchen Menschen hast du das Gefühl, du könntest es nicht ertragen, wenn sie von dir enttäuscht sind?
In welchen Lebensbereichen versuchst du, perfekt zu sein?
Lebensbereiche können sein, dass du versuchst, die perfekte Figur zu haben, das perfekte Aussehen, dass du immer perfekt gekleidet sein willst, dass du beim Sport immer perfekt sein willst, dass du die perfekte Wohnung, das perfekte Haus haben willst usw.?
In welchem Bereich deines Lebens versuchst du, perfekt zu sein?
Versteh mich nicht falsch, es geht nicht darum, von heute an nachlässig und oberflächlich zu sein. Aber es gibt gesunde Grenzen, innerhalb derer wir eine Sache sehr gut und zu 100% machen und damit auch zufrieden und erfüllt sind.
Die gesunde Grenze erkennen
Und es gibt ein Verhalten, wo wir Dinge auch sehr gut und zu 100% machen, aber trotzdem immer das Gefühl haben, es reicht noch lange nicht, es ist nicht gut genug.
Genau da ist die Grenze überschritten und man fängt an, sich selbst zu schaden. Du fängst an, dir selbst zu schaden in dem Sinne, dass du dann sehr schnell in narzisstische Beziehungen gerätst oder schon drin bist oder selbst zu einer narzisstischen Person geworden bist, weil du den Schmerz und das Gefühl, nicht gut genug zu sein und ein sehr geringes Selbstwertgefühl zu haben, nicht aushältst.
Einladung zur Veränderung
Wenn du dich in Teilen wiedererkannt hast und Lust hast, etwas zu verändern, um wieder mehr Lebensfreude zu haben und den Perfektionismus in gesunde Bahnen zu lenken, dann buche dir gern hier ein kostenloses Kennenlerngespräch. Dort können wir herausfinden, welches meiner Angebote am besten zu dir passt.
Ich würde mich freuen, wenn dir dieser Beitrag einige neue Erkenntnisse gebracht hat und wenn ja, dann schreibe mir gern in einem Kommentar, was du für dich mitnimmst. Wenn du jemanden kennst, für den dieser Beitrag hilfreich sein könnte, dann teile ihn gern.
Alles Liebe für dich,
deine Daniela
P.S. Wenn du mehr über Narzissmus und meine Arbeit erfahren möchtest, dann abonniere meinen Newsletter hier: https://danielakreissig.de/newsletter/
Wenn du unter den schmerzhaften Folgen von erlebten Narzissmus leidest und wieder neue Lebensfreude, Leichtigkeit und inneren Frieden haben möchtest, dann lade ich dich gern ein zu einem Kennenlerngespräch. In diesem können wir schauen, welches meiner Angebote am besten für dich geeignet ist: Hier geht es zum Kennenlerngespräch: https://danielakreissig.de/kennlern-session/